Thorsten Harms
von Thorsten Harms

Review - Work in Progress

Spannende Diskussionen, moderne Arbeitsmethoden und inspirierende Keynotes. Die „Work in Progress“ Konferenz 2015 in Hamburg.

Wohin entwickelt sich die Zukunft der Arbeit und wie können wir diese aktiv mit gestalten? Unser Fazit zu „Work in Progress“ in Hamburg - der Konferenz über neue Arbeitswelten.

Die Antwort auf die Frage, wohin die Reise bezüglich neue Arbeitswelten gehen wird, ist so divers wie die Teilnehmer und Speaker der Veranstaltung. Das Wochenende bot eine Menge Anregungen. Es wurde diskutiert, schwadroniert und unterschiedlichste Utopien herauf beschworen. Es wurde allerdings auch viel kritisch hinterfragt.

kongress-zukunft-der-arbeit_miniAuftakt zum "Work in Progress" Kongress in Hamburg

 

Wohin geht die Reise?

Was mit gut gefiel, war der offene und interdisziplinäre Ansatz der Veranstaltung: Während Jeremy Rifkin die Meinung vertrat, das Internet und die Digitalisierung führen uns auf Grund fallender Kosten und zunehmender Eigeninitiative rosigen Zeiten entgegen, thematisierte Torsten Meireis eher die Gefahr der Selbstausbeutung und Unterwerfung vor allem der kreativen Klasse unter der Fuchtel des Share Holder Value.

Rifkin glaubt, dass das Internet der Dinge zunehmend von selbst funktionieren wird und das so preisgünstig, dass jeder Unternehmer sein könne. Die alten Unternehmensstrukturen lösen sich deshalb auf und die Menschen erleben durch kleinste Wirtschaftseinheiten einen Effizienz- und Produktivitätsschub, welcher zu mehr Freizeit und Lebensqualität führt.

Meireis wies hingegen auf die Gefahren einer neuen Arbeitswelt hin in der die Grenzen von Freizeit und Arbeit verschwimmen. Denn am Ende gewinne immer die Arbeit. Und die Freizeit sei nur noch „Scheinfreizeit“ da wir uns der ständigen Verfügbarkeit der Arbeit unterwerfen.

 

Praxisbeispiele für neues Wirtschaften

Ganz anders hingegen Uwe Lübbermann, Gründer von Premium Cola. Statt das ganz große Rad zu drehen, erklärte er anschaulich und mit viel Humor am Beispiel seiner eigenen Firma Premium Cola, dass ein Wirtschaften außerhalb der Wirtschaft möglich ist. Ähnlich wie Van Bo Le Mentzel propagierte er ein Wirtschaften auf Vertrauensbasis. Ohne offensiven Vertrieb, ohne Hierarchien, ohne Verträge und ohne Wachstum um jeden Preis. Sondern mit dem Ziel das richtige Maß zu finden und zu halten. Glücklich durch Arbeit geht auch ohne Wachstum.

 

Gemeinsam stark

Die Arbeitswelt scheint sich ähnlich wie die Gesellschaft stark zu verifizieren. Wir haben weiterhin die großen Konzerne und den breiten Mittelstand, aber zunehmend auch neue Formen der kollektiven Arbeit, wie beispielsweise welance. Und diese Kollektive werden mehr.

Grade dieses auseinander Driften der Arbeitswelten allerdings verlangt auch nach einer neuen Solidarität. Je individueller sich Arbeit gestaltet, desto wichtiger ist Gemeinschaft bei der Durchsetzung von übergeordneten Zielen wie angemessene Löhne, Altersvorsorge, etc. Dies wurde vor allem im Panel kollektive Vertretung innerhalb der Kreativwirtschaft deutlich.

Philipp Hentschel konnte dabei nachweisen, dass neue kollektive Arbeitsformen mit einem Coworking-Ansatz zur Durchsetzung individueller Ziele nicht mehr nur auf große Player wie beispielsweise Gewerkschaften angewiesen sind. Auch wenn deren Hilfe wichtig und willkommen ist. Wichtig ist, sich selbst so zu organisieren, innerhalb des Coworking voneinander zu lernen und solidarisch zu bleiben . Es kommt also darauf an, was man daraus macht.

kollektive-interessenvertretung-kreativwirtschaft_miniGraphic Recording des Panels "Kollektive Interessenvertretung in der Kreativwirtschaft" (c) Till Lassmann 

 

Was habe ich gelernt?

Ich habe gelernt, dass neue Ideen von Arbeit vor allem dann funktionieren, wenn diese von Anfang an bereits geplant waren. Wer etwas aufbaut und sich dafür Mitstreiter sucht, der hat eine wesentliche größere Chance, diese Ideen auch Realität werden zu lassen, als derjenige der versucht ein bestehendes System zu verändern.

Neu Arbeits- Utopien mit anderen, offeneren demokratischern, aber auch Sicherheit gewährenden Systemen sind also möglich und können auf vielen Ebenen erfolgreich sein.

Dies tun sie aber nicht von selbst, sondern nur durch die aktive Gestaltung von uns allen.

Mehr zum Kongress: Work in Progress